I.
In seiner Entscheidung vom 18.4.2013 (Az.: 2 BvF 1/05) zum Normenkontrollantrag der Länder Bayern und Hessen zum Luftsicherheitsgesetz hat der 2. Senat meine Rechtsauffassung bestätigt, wonach dem Bundesverteidigungsminister keine Eilzuständigkeit hinsichtlich eines Einsatzes der Streitkräfte bei Katastrophenfällen im Innern zukommt. § 13 III 2 und 3 des Luftsicherheitsgesetzes (LuftSiG) ist mit Art. 35 III 1 GG somit unvereinbar und nichtig.
II.
Der 2. Senat urteilte weiter, dass die §§ 13 und 14 LuftSiG materiell verfassungsgemäß sind.
Nach § 14 I i.V.m. § 13 LuftSiG dürfen die Streitkräfte unter näher bezeichneten Voraussetzungen im Luftraum Luftfahrzeuge abdrängen, zur Landung zwingen, den Einsatz von Waffengewalt androhen oder Warnschüsse abgeben. Damit wird ein Einsatz der Streitkräfte mit spezifisch militärischen Mitteln zugelassen. Die Sperrwirkung des Art. 87 a IV Grundgesetz (GG), der den Einsatz der Streitkräfte im Fall des inneren Notstandes regelt, steht dem nicht entgegen. In Ausnahmesituationen, die nicht von der in Art. 87 a IV GG geregelten Art sind, kann ein Einsatz der Streitkräfte auf der Grundlage des Art. 35 II, III GG auch zur Bekämpfung eines Angreifers zulässig sein. Um solche Ausnahmesituationen handelt es sich bei der Abwehr von Gefahren i.S.v. §§ 13, 14 LuftSiG.
Der Annahme eines besonders schweren Unglücksfalls steht bei einem Ereignis von katastrophischem Ausmaß nicht entgegen, dass es absichtlich herbeigeführt ist.
ein Verfassungsverstoß liegt auch nicht darin, dass ein Einssatz nach dem Wortlaut der zu prüfenden Normen nicht erst dann zulässig sein soll, wenn ein besonders schwerer Unglücksfall ngetreten ist, sondern - unter näher bezeichneten Voraussetzungen - bereits dann, wenn er "bevorsteht" (§ 13 I LuftSiG) und Einsatzmaßnahmen "zur Verhinderung des Eintritts" des besonders schweren Unglücksfalls (§ 14 I Luft SiG) erforderlich sind.
Von einem Unglücksfall kann auch dann gesprochen werden, wenn zwar die zu erwartenden Schäden noch nicht eingetreten sind, der Unglücksverlauf aber bereits begonnen hat und der Eintritt katastrophaler Schäden unmittelbar droht. Ist die Katastrophe bereits in Gang gesetzt und kann sie nur noch durch den Einsatz der Streitkräfte unterbrochen werden, muss nicht abgewartet werden, bis der Schaden sich realisiert hat.
Ebenfalls gewahrt ist die strenge verfassungsrechtliche Beschränkung des Streitkräfteeinsatzes auf das Erforderliche, die sowohl das "ob" als auch das "wie" des Einsatzes, einschließlich der konkreten Einsatzmittel, betrifft.
III.
Bei verfassungskonformer Auslegung ist auch § 15 LuftSiG mit dem GG vereinbar. Nach § 15 I 2 LuftSiG können die Streitkräfte auf Ersuchen der für die Flugsicherung zuständigen Stelle im Luftraum Luftfahrzeuge überprüfen, umleiten oder warnen. Der Gesetzgeber hat diese Maßnahmen als bloße Amtshilfe konzipiert (Art. 35 I GG).
Dies entspricht der verfassungsrechtlichen Abgrenzung. Art. 87 a II GG bindet nicht jede Nutzung personeller und sächlicher Ressourcen der Streitkräfte an eine ausdrückliche grundgesetzliche Zulassung, sondern nur ihre Verwendung als Mittel der vollziehenden Gewalt in einem Eingriffszusammenhang. Die Reaktion auf Luftzwischenfälle in rein technisch-unterstützender Funktion verbleibt im Rahmen des Art. 35 I GG und ist daher von den Beschränkungen, die für einen Einsatz der Streitkräfte nach Art. 35 II, III GG gelten , nicht betroffen.
HK 7.8.2013